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8. November 2021

Was für ein artistischer Weltraumtrip mit dem New Yorker Künstler Tom Sachs in den Deichtorhallen Hamburg?

Unsere Expedition in die andere NASA-Welt des Tom Sachs‘ startete am Donnerstag, 4. November 2021 um 16.30 Uhr in den Deichtorhallen.

Dort war Tom Sachs im September mit seiner Crew zu einer interstellaren Mission, dem „Space Program: Rare Earths (Seltene Erden)“ gelandet und bespielt seitdem die Hamburger Deichtorhallen.

Wir hatten das große Glück mit dem Hamburger Künstler Christian F. Kintz diese künstlichen Welten zu bereisen.

Kintz entführte uns mit Tom Sachs auf den hellsten und erdnächsten Asteroiden Vesta, die Mission hatte das Ziel, die mineralischen „Seltenen Erden“ des Protoplaneten abzubauen. Die „Seltenen Erden“ sehen unseren aktuellen Smartphones sehr ähnlich und wir erhielten in der Ausstellung auch die Chance, uns von unserer Handysucht zu befreien, indem wir unser Handy dort opfern konnten und es dann in Energie von Fänta-Black umgewandelt würde und das Gold, das gewonnen werden kann, vielleicht zu Meister Yoda aus Star Wars umgewandelt wird. Hierdurch liefere man einen wichtigen Beitrag zu Sachs’ „Feldforschung zur mentalen Vernetzung der Menschheit und ihrer Sucht nach Technologie“. „Rare Earth“ brauche die Menschheit aber nicht nur dringend für die 1,5 Milliarden neuen Handys, die sie jährlich herstelle. Den Begriff „Seltene Erde“ benötige sie vor allem, um endlich zu begreifen, dass nirgends in der Nähe ein Planet Erde 2 zu finden ist, zu dem wir fliegen können, wenn wir unsere Erde 1 endgültig kaputt gemacht haben mit unserer wachstumsgläubigen „Verschleiß-Ideologie“ (Tom Sachs).

Wir konnten uns entscheiden, ob wir uns einem Indoktrinationsprozess unterziehen wollten, um im Team von Tom Sachs aufgenommen zu werden. Hierzu muss ein langer Fragebogen a) zur Kenntnis über die Arbeit von Tom Sachs und b) zur eigenen Person und Motivation (z.B. Was schätzt du an deiner Mutter?, Wann hast du das letzte Mal gelogen?, etc.) ausgefüllt werden.

Wir lernten in Sachs‘ Werk auch den Begriff „knolling“ kennen und erfahren erst in der genaueren Beschäftigung mit Tom Sachs Biografie, was er bedeutet: In einem früheren Leben entwarf Sachs als Mitarbeiter des amerikanischen Star-Architekten Frank Gehry Möbel für die Firma Knoll mit einer ausgeprägten Liebe für Ordnung und Sauberkeit. Aus dieser Zeit stammt „knolling“, es bedeutet so viel wie Ordnung halten, alles im rechten Winkel gestalten. So geht es anschließend als Prüfungsaufgabe zum Schraubensortieren, um unsere Ordnungsfähigkeit zu testen und zum Interview, bei dem allen Angaben geprüft werden. Absolviert man die Aufgaben zur „Indoktrination“ erfolgreich, wird man Teil des Tom Sachs-Teams und erhält eine ID und die Berechtigung, an der Installation teilzuhaben. Man lernt Elemente vergangener Missionen kennen und wird dazu ermutigt, sich auch dem Ritual der „Transsubstantiation“ (lat. für Wesensverwandlung) hinzugeben.

Die Ausstellung zeigt zudem verschiedene Arbeiten aus verschiedenen Werkgruppen.

Überall in der Ausstellung gibt es Verweise auf die Amerikanische Pop Art, z.B. eine Hommage an Jasper Johns Amerikanische Flagge, eine Ikone der Pop Art, hier nicht gemalt, sondern aus vielen Holzplatten liebevoll verschraubt. Den Campbell Suppendosen eines Andy Warhols wird hier gehuldigt mit Chinesischen Fertigsuppen.

Es gibt Marsgestein aus Beton, eine Saturn-Rakete aus Klopapier, eine Reparaturstation für blutige Finger oder einen Knopf für den „Funken des Lebens“. Die Bastel- und Recycle-Kultur der 70er-Jahre wie der schräge Humor von Tom Sachs sind hier mindestens so präsent wie die von Tom Sachs propagierte Kritik am destruktiven Lebensstil der Gegenwart.

Ob man dem Abendblatt Statement von Vera Fengler vom 9.9.2021 zustimmt, muss man selbst entscheiden:

„Es ist [Tom Sachs‘] Art, an der elitären Kunstszene, am geistlosen Konsumieren Kritik zu üben. Und es gehört zur Gegensätzlichkeit eines Tom Sachs, ebenso selbstverständlich mit Nike einen Mars-Yard-Sneaker zu entwerfen, wovon einige Modelle auf der Sammler-Website Stockx für mehrere Hundert [bis zu Tausenden] Dollar gehandelt werden. Die in der Ausstellung im Maßstab 1:49 aufgebauten Twin Towers spiegeln zugleich die Liebe, die Sachs für Amerika empfindet, und seine Wut auf die geopolitischen Umstände, die zu den Anschlägen vom 11. September 2001 geführt haben.“

Begib dich selbst in die Welten des Tom Sachs und mach dir ein Bild:

Konsumkritik und/oder lustvolles künstlerisches Basteln und große Weltraumträume?

 

Vielen Dank an Christian F. Kintz für die anregende Mitnahme in die Welten des Tom Sachs.

Janina Arlt für die Arbeitsgruppe Kultur am Gym Epp

 

Die Ausstellung ist zu bereisen:

TOM SACHS SPACE PROGRAM: RARE EARTHS (SELTENE ERDEN)

  1. September 2021 bis zum 10. April 2022

Deichtorhallen Hamburg, Deichtorstr. 1-2, 20095 Hamburg
Tom Sachs – Space Program: Rare Earths ⎪ Deichtorhallen Hamburg

 

Siehe auch:

»WIR SIND FLEXIBLER ALS ELON MUSK«

Die Kunst des Amerikaners Tom Sachs oszilliert zwischen Verspieltheit, Esoterik, Handwerk und kritischer Konzeptkunst. Ein Gespräch über seine neueste Mission zum Asteroiden Vesta, geschredderte Mobiltelefone und darüber, welche Kunst er ins Weltall schicken würde. VON MELANIE VON BISMARCK

Interview:

»Wir sind flexibler als Elon Musk« (deichtorhallen.de)

 

 

 

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