
Kunstunterricht im Homeoffice – Fotografie
Im Schuljahr 2020/21 fand der Kunstunterricht Klasse 10 Jürgens per IServ im Homeoffice statt. Auf dem Lehrplan standen unter Anderem Fotografie und eine Strömung der Malerei. Die Unterrichtsabschnitte wurden von den Schülerinnen und Schüler durch Portfolios begleitet und abgeschlossen.
Zur Begleitung bzw. zum Abschluss der Unterrichtsphasen haben die Schülerinnen und Schüler Portfolios gestaltet.
Im ersten Portfolio sollten die Schülerinnen und Schüler Beispielfotos für die Effekte bei Variation der im IServ-Unterricht vermittelten Parameter von Fotokameras zusammenstellen.
Im zweiten Portfolio sollten die Schülerinnen und Schüler Bilder zu einer Reihe von im Unterricht präsentierten gängigen ästhetischen Gestaltungsregeln zusammenstellen.
Im dritten Portfolio „Die Dunkelheit, das Licht, das Mysteriöse“ sollte schrittweise ein Übergang von der technischen Seite des Lichts hin zum künstlerischen Ausdruck erforscht werden. Nach der Behandlung von Psychoanalyse und Avantguarde-Strömungen der Kunst des 20. Jahrhunderts sollten die Schülerinnen und Schüler sich mit einer Künstlerpersönlichkeit des Surrealismus so auseinandersetzen, dass sie ein noch ungemaltes Bild dieses Künstlers erfinden und dieses Bild in einem gefälschten Gutachten dem Oeuvre des gewählten Künstlers zuordnen.
Hier findet man durchaus auch Vorteile des Unterrichts im „Homeoffice“ – die SuS trauen sich auch mal umfangreiche Projekte zu. Stellvertretend sind hier die Links zu einigen Arbeiten von Carl Angerer sowie von Jonah Gökes und das Gutachten von Mia Stürmer abgebildet.
Kunst_Surrealist_CarlAngerer_10d
Die Dunkelheit_Das Licht_Carl Angerer
Kamera_AesthetischeGestaltung_CarlAngerer
Gutachten Dali von Mia Stürmer
Das in diesem Gutachten zu betrachtende, bisher unbekannte, Bild von Salvador Dali, mit dem Titel „Antlitz der Erinnerung“ zeigt im Zentrum das Gesicht einer jungen Frau, welches im blauen Hintergrund verschwindet. Eine alte knochige Hand stützt es ab. Über einem der beiden sichtbaren Fingern der Hand hängt eine zerfließende Uhr. Das Bild entstammt der Epoche des Surrealismus und wurde im Jahre 1943 mit Kohle- und Farbstiften gezeichnet. Es handelt sich um ein vergleichsweise kleines Bild im A4 Format.
Künstler
Salvador Dali (echter Name: Salvador Felipe Jacinto Dali i Domenech) war ein spanischer Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner der zu den Hauptvertretern des Surrealismus zählt. Geboren wurde er am 11.Mai 1904 in Figueras, Katalonien. Sein künstlerisches Talent wurde schon früh deutlich, sodass er ein Kunststudium an der königlichen Akademie der Künste in Madrid begann. Im Jahre 1924 wurde er allerdings wegen seiner politisch-rebellischen Ansichten vom Studium ausgeschlossen. Dies kümmerte ihn nur wenig, da er ohnehin der Meinung war seine Lehrer seien nicht kompetent genug, ihn zu bewerten, was seinen Größenwahnsinn zeigt. Vier Jahre später in Paris wurde er zum wichtigsten Mitglied einer surrealistischen Künstlergruppe. Surrealisten verwendeten die Malerei als Ausdrucksmittel psychoanalytisch begründeten Theorien. Das Unbewusste, Traumhafte, Absurde und Phantastische zählt zu den wichtigsten Merkmalen. Dalis persönlicher Stil, der ihn später auch berühmt machte, war die Welt des Unterbewusstseins während unserer Träume. Zu den bekanntesten seiner Werke zählen beispielsweise schmelzende Uhren oder brennende Giraffen. Er malte sehr präzise, schon fast im fotorealistischen Stil. Am 23. Januar 1989 verstarb Dali im Alter von 85 Jahren.
Analyse
Im Zentrum des Bildes steht das Gesicht einer jüngeren Frau, welches in den blauen Hintergrund verschwindet. Die Konturen des Gesichtes sind ebenfalls mit bläulicher Farbe gezeichnet. Das Gesicht wird einseitig von einer knöchrigen, alten, farblosen Hand gestützt, die nur zwei sichtbare Finger hat. An einem der beiden Finger hängt eine schmelzende Uhr. Im oberen Teil des Bildes läuft der blaue Hintergrund, der auch ein Himmel sein könnte, trichterartig zusammen. Diese trichterartige Struktur kommt dadurch zu Stande, dass graue wolkenartige Strukturen ihn eingrenzen, zusammenzudrücken zu scheinen.
Das Bild hat einen dreidimensionalen Charakter und bedingt durch das gleiten des Gesichtes in den Hintergrund eine sehr große Tiefe. Es bleibt für den Betrachter unklar ob sich das Bild aus dem blauen Hintergrund/Himmel erhebt oder verschwindet.
Die Frau schaut durch den Betrachter hindurch zu schauen, denn ihre Augen sind leer; es fehlen die Pupillen. Es handelt sich um ein sehr ebenmäßiges Gesicht. Dieses tritt jedoch im Gesamtkontext in den Hintergrund, dadurch dass die knochige Hand sich farblich deutlich hervorhebt. Die roten Fingernägel der nur zweifingrigen Hand stechen dem Betrachter ins Auge, sodass der Blick gleichzeitig auch auf die über einem der beiden Finger hängende, zerfließende Uhr gerichtet wird. Das Hellblau des Hintergrunds wird im oberen Teil des Bildes von seitlichen, gräulichen wolkenartigen Strukturen fast zerdrückt. So scheint der Himmel oben aus dem Bild zu fließen.
Der starke Kontrast zwischen dem Gesicht einer jungen Frau und einer knöchrigen alten Hand, welche nur zwei Finger besitzt, wird im Zentrum des Bildes deutlich. Durch das Eintauchen des Gesichtes in den Hintergrund liegt die Darstellung eines Traumereignisses nahe. Die alte
Hand scheint das jugendliche Gesicht langsam in den Hintergrund zu bewegen, so als sei eine bestimmte Zeit vorbei. Hierdurch wird die Vergänglichkeit der Schönheit betont. Dass die Zeit eine wesentliche Bedeutung in diesem Bild hat, wird durch das fließende Zifferblatt bzw. die Uhr am Finger der Hand klar. Es scheint, als sei die Zeit der Schönheit und der endlosen Weite, der endlosen Möglichkeiten für die Frau, der das Gesicht gehört, nun abgelaufen. Der hellblaue, klare, wenn auch kalte Hintergrund und die erdrückenden, grauen Wolken stehen wiederum stark in Kontrast, sowie das jugendliche Gesicht im Vergleich zur alten, knöchrigen Hand. Dies erzeugt beim Betrachter eine unangenehme, bedrückende Stimmung. Zusammenfassend stellt Dali im Bild „Antlitz der Erinnerung“ das Bild einen Traum dar, in dem sich eine Frau an ihre frühere Schönheit und Jugend schmerzhaft erinnert.
Das Thema Traum und Unterbewusstsein ist typisch für den Surrealismus und auch für den Künstler Salvador Dali. ES trägt mehrere Merkmale, die darauf hinweisen, dass es sich um ein Original-Zeichnung des Künstlers handelt. Zudem existieren mehrere Werke Dalis, in denen er fließende, bzw. weiche Uhren als Motiv der entfremdeten Wirklichkeit verwendet. Das bekannteste Beispiel hierzu ist „Die Beständigkeit der Erinnerung“ aus dem Jahr 1931. Es ist naheliegend, dass er sowohl Elemente als auch Motive in einer anderen Komposition wiederverwendet. Ein weiteres für Dali klassisches Stilmittel, was in diesem Fall verwendet wurde, ist die Verlängerung von Körperteilen: Die Finger erscheinen überproportional zum Gesicht und entfremdet, ähnlich wie im Gemälde „Die Elefanten“ aus dem Jahr 1948 mit zwei Elefanten mit überlangen, dünnen Beinen. Auch bei dem Gemälde „Die Versuchung des heiligen Antonius“ (1946), auf welchem die Beine von Pferden um ein Vielfaches verlängert wurden, verwendet Dali dieses Stilmittel.
Dali legte in seinen Werken oft einzelne Bilder oder Motive übereinander, um ein Gemälde zu gestalten. Diese Technik lässt sich auch in dem unbekannten Werk wiederfinden: Der blaue Hintergrund und das Gesicht gehen ineinander über; sie könnten aber auch aus zwei, sich vermischenden Motiven bestehen.
Die Hand ist ein einzelnes Motiv, was ich auch durch die Farbwahl von den anderen abhebt. Dies beweist, dass sich auch bei diesem Bild einzelne möglicherweise separate Teile finden lassen. Als letzter Beweis lässt sich die Genauigkeit der Maltechnik im Bild in betrachtet ziehen. Wie für Dali typisch wurden die einzelnen Motive eher Realistisch gemalt, sodass sie gut zu erkennen sind. Die Signatur des Bildes ist schlussendlich Dali zuzuordnen.
Die eingehende Analyse des Bildes lässt den eindeutigen Schluss zu, dass es sich um ein Original des Künstlers Salvador Dali handelt.