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Großes Theater: John Gabriel Borkman am Schauspielhaus Hamburg

Rezension – zu John Gabriel Borkman von Henrik Ibsen

„Ich will leben!“ – so heißt es in Henrik Ibsens „John Gabriel Borkman“.
Und genauso wie diese Aussage sind das Stück und seine Inszenierung gefüllt mit Leben und puren Emotionen von Angst, Verzweiflung und Wut.  Als Figuren treten auf: Gunhild, eine Mutter und Ehefrau, welche ihren Sohn als den Hoffnungsträger betrachtet, auf ihn die eigenen Träume und Wünsche projiziert und ansonsten ein verbittertes Leben führt. Ella, ihre Schwester und Hass-Liebe, mittlerweile eine alte, kranke Frau. Sie war es, die Erhard, den Sohn großzog und nun, Jahre später, ihre Besitzansprüche auf eben diesen erhebt. Erhard, jenes zerrissene Kind, ist nun erwachsen. So will es jedoch außer ihm selbst und der Nachbarin, eine Art weiblicher Sugar Daddy niemand anerkennen. Und schließlich und endlich John Gabriel Borkman, ein Betrüger, der seine Familie in den Dreck zog und ins Unglück stürzte. Seine Freunde, Kunden und Bekannten benutze er und führt nun ein einsames Leben, auf dessen Tagesordnung das Sich-selbst-belügen steht. Die Bande, die sie alle verbinden, sind komplex und von Abhängigkeit gezeichnet.

Bühnenenergie pur: Mit solch einer Aufrichtigkeit und folglich Kraft dargestellt, wie sie uns auf der Bühne selten begegnet, beweist dies die großartige künstlerische Leistung. Die Charaktere, untrennbar mit ihrem Schicksal aneinander gekettet, lassen den Zuschauer ihre Bedrücktheit, ihren Hass und ihr Leiden, aber auch ihre Kälte und ihre Zerstörungswut spüren, wahrlich intensiv miterleben.

Unterstützt wurde dieses Schauspiel von sirenenartigen Gesängen und einem beeindruckenden Bühnenbild: den Überresten eines Hauses aus glanzvollen Tagen, nun mehr eine Gruft. Die gesamte Szenerie nahm vollkommen gefangen, man war gebannt, bis in die Träume der folgenden Nacht hinein. Metapher und Symbolik abgelöst durch eiskalte Wahrheit und Offenheit, diese Mischung erzeugte eine ganz bestimmte, nicht beschreibbare Stimmung. Sie vermittelte die Tragik des Ganzen, die Explosivität der Lage, der komplexen zwischenmenschlichen Beziehungen und trägt unweigerlich zum Gesamtkunstwerk bei. Eine faszinierende und beeindruckende, ja geradezu fesselnde Inszenierung, welche vor Auge führt, wie Träume zerschmettern, die Hoffnung stets glimmt und die Illusion manchmal alles ist, was uns zu retten vermag.

Lara Peters (9b)

Eine weitere Stimme aus der Lehrerperspektive (Hans-Jürgen Bohse):

„Zu der großartigen Inszenierung von ‚John Gabriel Borkman‘ fallen mir als Stichpunkte ein:

• pessimistisches Familiendrama • grandiose Herausarbeitung der familiären Hölle durch Karin Henkels Inszenierung • Lebenslügen fast aller Figuren • Aufstand der Jugend gegen ‚die Alten‘ • grandioses Gezerre und Gefetze der beiden Schwestern, beide Darstellerinnen sehr beeindruckend (Lina Beckmann hat den 3Sat-Preis für ihre Darstellung bekommen) • Verschrobenheit und Exaltiertheit der Figuren wird durch die Inszenierung betont • das klaustrophobische Bühnenbild unterstreicht die beklemmende Atmosphäre, die zwischen den Figuren herrscht

Vielen Dank an das Schauspielhaus, das uns diesen wunderbaren Theaterabend am Freitag, 10. April mit tollsten Plätzen schenkte!

J. Arlt

Fotos: Klaus Lefebvre

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