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20. November 2022

Erster Eindruck vom Drama Woyzeck

Das Theaterstück „Woyzeck” war für mich verwirrend, unterhaltsam und verstörend gleichzeitig. Doch je länger ich über das Drama nachdenke, desto mehr gefällt es mir im Nachhinein. Dies allein zeigt schon, dass das Stück durchaus dazu führt, sich erneut stärker mit dem originalen Drama von Büchner auseinanderzusetzen. Allerdings würde ich dies auch kritisieren: Für Personen, die sich nicht umfassend mit dem Werk „Woyzeck” beschäftigt haben, wird das Theaterstück kaum verständlich sein. Besonders wichtig für das Verständnis des Stückes ist in meinen Augen, dass Woyzecks Psyche im Mittelpunkt des Stückes steht. Dadurch versteht man erst Details wie das Auge, das die Seele Woyzecks verkörpert. Man merkt klar, für welche Zielgruppe das Stück geschrieben wurde: Für junge Menschen, besonders Schüler*Innen, die sich bereits mit dem Werk beschäftigen.

Diese Einschränkung der Zielgruppe wird durch die schrillen Kostüme und das knallige Bühnenbild sowie die Musik nur allzu deutlich. Ich finde es passend, das Bühnenbild und die Kostüme zu modernisieren und ihnen z.B. durch die Hörner eine tiefere Bedeutung zu geben. Auch die Idee, dass das Schlagzeug die einzige musikalische Unterstützung ist, gefällt mir. Doch ich finde die Umsetzung ist, wie bei vielen der Ideen im Stück, fehlgeschlagen. Die Musik war im Vergleich zu den Schauspielern viel zu laut und dadurch teilweise störend.

Die schauspielerische Leistung finde ich generell gut, besonders die der Nebencharaktere. Negativ sticht für mich jedoch der Schauspieler Woyzecks heraus. Teilweise spricht er sehr undeutlich und kaum verständlich.
Den gleichen Gedanken wie bei der Musik habe ich auch bei den Effekten wie dem Drehen der Bühne oder den Projektionen empfunden: Von der Idee her interessant, aber nach kurzer Zeit langweilig oder sogar anstrengend. Es hätte noch mehr Abwechslung gebraucht.

Diese Variation hat auch bei den Szenen gefehlt. Einige der Szenen waren bis zu viermal nahezu unverändert zu sehen. Dadurch wurde die originelle Darstellung durch die Wiederholung der Szenen auf Dauer zerstört.
Dennoch hat mich die Abwandlung und Neuerfindung der Szenen zum Nachdenken über das Drama angeregt. Die Entwicklung der Figuren, besonders Woyzeck, wurde dadurch in den Vordergrund gestellt. Diese Schwerpunktsetzung macht das Stück interessant. Auch den Fokus auf die Verrücktheit empfand ich nach längerem Revue passieren über das Stück spannend.

Die Übertragung des Dramas in die heutige Zeit ist nur teilweise geglückt, denn der Dramenstoff ist durchaus aktuell: Der Fokus lag lediglich auf der Verrücktheit und Eifersucht Woyzecks. Teilweise wurde der Aspekt der Armut auf die heutige Zeit übertragen: Die Charaktere sind klischeehaft arm, die Kostüme sind aus Ballonseide und Woyzeck und Marie sind von schlechter Ernährung gezeichnet. Besonders die Gesellschaftskritik, die im Drama Büchners eine große Rolle spielt, kommt jedoch kaum zum Einsatz. Auch die Auseinandersetzung mit Femiziden und der Gewalt gegen Frauen wurde mir nicht deutlich.

Generell fand ich das Stück trotz der starken Kritik von vielen Seiten interessant. Besonders die verschiedenen Handlungsinterpretationen sind spannend angesetzt und zeigen eine tiefe Auseinandersetzung mit dem originalen Drama Büchners.

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