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11. Dezember 2013

„Der zerbrochene Krug" – Drei Rezensionen der THALIA-Inszenierung

Im Rahmen der unterrichtlichen Lektüre besuchte der Deutschkurs des 1. Semesters die Thalia-Inszenierung von Sebastian Kraft zu Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochene Krug“.
Lesen Sie dazu die Rezensionen dreier Schüler:

Heinrich von Kleists Lustspiel im Thalia Theater mit nur teilweise überzeugenden Schauspielern und verwirrender Bühnentechnik.

Bastian Kraft inszeniert im Thalia Theater Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ in einem wackeligen Gewirr aus Metallkästen, mit Darstellern, die nur zum Teil überzeugten. Oben die Richtenden unten die Gerichteten, isoliert von einander, gleichzeitig aber doch verbunden, ist jeder in seinem Kasten und damit seiner Meinung bzw. Anschauung der Geschehnisse gefangen. Die direkte Konfrontation im ersten Teil des Stückes geht nicht nur durch die Kletterpartie in die Kästen hinein verloren, sondern auch durch die Live-Videos, die in Großaufnahme die beiden Seiten zeigen. Nur die Figuren des Richters Adam, gespielt von Philip Hochmair, und Gerichtsrätin Walter (Karin Neuhäuser) werden schnell mit dem Bild der Charaktere gefüllt, alle anderen bleiben lange ohne greifbare Wesenszüge.

Beginnen tut die Aufführung mit einem langen Monolog von Birte Schnöink als Eve, in dem die Vorgeschichte beleuchtet wird. Allerdings wirkt er durch seine Länge und dem undynamischen Bühnenbild, das nur aus einem schwarzen Hintergrund besteht, langweilig und einschläfernd. Eve versucht dem Zuschauer ihr Leid anzuvertrauen, was durch ihre monoton-kindliche Stimme jedoch wenig überzeugend wirkt. Von ihrem Willen ihren Verlobten Ruprecht (Julian Greis) vor dem Krieg in Ostindien und dem sicheren Tod retten zu wollen, und auch ihrer Angst vor Adam bekommt der Zuschauer nicht viel mit. Allein ihr lauter Gerechtigkeitssinn wird im Laufe des Stückes deutlich.

Der Prozess, in dem Dorfrichter Adam mit Lüge, Drohung und Verwirrspiel versucht, das ans Licht kommen der Wahrheit zu verhindern, wird aufgerollt. Dominiert wird das Stück durch Wortklauberei und sprechendes Schweigen, die optisch den Widerspruch zwischen Gesagtem und Gemeintem übermitteln. Hierzu nimmt Kraft Videokameras zur Hilfe. Im Großformat wird der Gesprächspartner auf den Hintergrund des Kastens projiziert, wodurch sich die gegenüberstehenden Seiten von Angesicht zu Angesicht unterhalten können. Doch teilweise gelingt die Umsetzung der Idee nicht. Mag es zu Beginn im Streit zwischen Adam und Licht (Tilo Werner) hilfreich sein, um die Gesichter der beiden genauer erkennen zu können, wird die Idee im Laufe des Stückes nur teilweise weiter genutzt. Ebenso verwirrt das Übereinanderlegen von Bildern und Stimmen während Adam von seinem Traum erzählt, da die in diesem Video gezeigten Personen dem Zuschauer noch unbekannt sind und er den Sinn dahinter nicht verstehen könnte.

Sandra Flubacher als Frau Marthe Rull beschreibt penibel den zerbrochenen Krug, was trotz der Länge nicht langweilig wird. Sie treibt die Richter zur Weißglut, beide, Adam und Frau Walter symbolisieren mit Handbewegungen und Mimik Ungeduld und Dominanz, womit sie den Monolog auflockern. Auch Schreiber Licht lockert diese und andere Szenen immer wieder auf, indem er seelenruhig, und ohne etwas zu bemerken, mit quietschendem Filzstift sein Protokoll schreibt. Hinterlegt ist dieses Schreiben mit einem akustisch komisch pointierten Ton, der die komplette Gerichtsverhandlung immer wieder auflockert.

Veit (Axel Olsson) und Frau Brigitte (Marina Wandruszka) stehen die meiste Zeit der Aufführung nur in ihren Kästen, ohne die Handlung voranzutreiben. Dies irritiert nicht nur, es stellt auch die Frage, warum die beiden die ganze Zeit auf der Bühne sind, obwohl sie keinen Beitrag leisten. Frau Brigitte klärt mit ihrer Erklärung über den Fund der Perücke und der Verfolgung der Spur zum Gerichtshaus alles auf, Veit hingegen sagt nur wenige Sätze.

In der Gerichtspause wird die Bühne umgebaut. Die Kästen werden auf den Boden gestellt, alle bis auf Gerichtsrätin Walter und Adam, und später einmal Eve, befinden sich nun in einem einzigen Kasten. Die beiden unterhalten sich vorne auf einer Wippe, die vermutlich die Waage der Justitia darstellen soll. Doch was genau das in der Luft schweben der Gesprächspartner bedeuten soll, wird nicht klar. Die Idee ist gut, die Wahrheit soll ans Licht kommen, doch bei der Umsetzung hapert es.

Alles in allem kann man sagen, dass Bastian Kraft mit seiner Inszenierung versucht, das Lustspiel von Heinrich von Kleist zu modernisieren. Dabei wird die Komponente der modernen Technik in Form der Kameras allerdings überstrapaziert und auch die Kostüme passen nicht so recht. Dass Gerichtsrat Walter weiblich besetzt wurde, erscheint logisch, um Adams Lüsternheit noch weiter zu zeigen, doch ohne die Einführung kann dies leicht unverständlich wirken. Auch sollte, wenn schon das komplette Stück modernisiert wird, eventuell auch die Sprache überarbeitet werden. Vor allem für jugendliche Zuschauer ist es schwer, dieser 200 Jahre alten Sprache zu folgen. Diese Inszenierung hat dennoch ihren Reiz, da sie einen Bezug von damals in heutige Zeiten wagt.

von Lena Erlebach

 

Kleist in Nahaufnahme und mit chaotischer Kletterpartie. Lustspiel „ Der zerbrochene Krug“ modern, jedoch irritierend. Bühnentechnik dominiert. 

Oben mittig das Gericht, unten Kläger und Angeklagte. Die Positionen werden deutlich, Emotionen werden nicht immer präzise vermittelt und die Länge und Eintönigkeit der Aufführung wirken einschläfernd. Das Stück scheint zu Anfang interessant. Eve hält einen Monolog über den Tathergang und schon sind Licht und Adam auf der Bühne. Kameraführung und Mimik machen diesen Dialog interessant und unterhaltsam. Jedoch stört der Einsatz der Kameras bis zum Ende sehr, das Stück scheint ein wenig „wanna be modern.“ Eine simplere Inszenierung hätte es hier auch getan und das Stück wahrscheinlich nicht so chaotisch wirken lassen. Unverständnis beim Zuschauer, Unruhe auf der Bühne und der Verlust eines roten Fadens sind die Folge der Kasteninszenierung.

Die Schauspieler haben ihre Rollen gut vermittelt, fragwürdig sind jedoch wiederum die Kostüme, welche sehr zusammengewürfelt wirken. Rollen mit wenig Redeanteil stehen viel zu lange rum und irritieren unnötig. Lustige Ideen wie z.B der quietschende Stift des Schreibers Licht gleichen das jedoch wieder aus. Aber auch dieser Witz walzt sich zu weit im Stück aus und ist nach einer Zeit nicht mehr lustig und stört. So auch die Erzählung von Frau Marthe über den Krug, welche viel zu lang erschien.

Das Bühnenbild an sich ist keine schlechte Idee, jedoch hapert es an der Umsetzung. Kameradialoge werden überdeckt, Rückblenden der Tat werden zu plötzlich in das Stück eingeworfen und der Bühnenumbau zerstört die Pausenszene durch Ablenkung.

Bastian Kraft schafft durch seine Inszenierung zwar eine Gerichtsatmosphäre, jedoch wird diese schnell durch Unruhen der Käfige zerstört. Dadurch leidet die Spannung im Stück. Häufig fragt man sich, ob Vorgehensweisen geplant waren oder warum diese so sind. So kann man sich nicht mehr auf die eigentlich Handlung des Stückes konzentrieren und diese gerät in den Hintergrund. Mehr Gewicht auf der Handlung und weniger auf Technik und Bühnenbild hätten das Stück sicherlich attraktiver gemacht.

von Florian Barg

 

Das Lustspiel „Der zerbrochene Krug“, inszeniert von Bastian Kraft, wurde mit vielen kreativen und modernen Unterstützungen aufgeführt.

Nach einem ausführlich und sehr kindlich gehaltenen Monolog von Eve zu dem Geschehen, gab es einen Dialog zwischen dem Schreiber Licht und Adam. Dieser wurde von einer Kamera unterstützt, was dem Publikum eindeutige Bilder vermittelte. Diese Art wurde nahezu während der gesamten 110 Minuten fortgeführt, was irgendwann in einer Vermischung aus Klarheit und verwackelten Bildern ausartete.

Die Figuren standen die meiste Zeit in jeweils einem Metallkasten, welche frei in der Luft hingen. Somit war klar, dass jeder seine eigene Meinung oder Ansicht vertrat, diese jedoch in „der Luft schwebte“. Gegen Ende, jedenfalls erwartete man es bereits, wurde das Bühnenbild verändert.

In der Mitte der Bühne gab es nun eine Wippe, auf der Adam mit Eve die Verhandlung weiterführte. Hier stach die Bedeutung der Wippe nicht heraus und brachte daher Verwirrung für den Zuschauer mit sich. Auf dem Boden der Tatsachen und mit derselben Ansicht der Geschehnisse waren die Beteiligten nun in einem einzelnen Käfig auf dem Boden zu sehen. Die sehr kindliche Eve kam bei der Inszenierung nur schwach herüber, nämlich als eine ängstliche und in sich gekehrte Person. Das Verhältnis von Adam zu Walter entsprach ganz den Wesenszügen Adams, denn die sexuelle Begierde wird durch das Einsetzen einer weiblichen Rolle besonders hervorgehoben. Der außerordentlich engagierte und genaue Schreiber Licht gab der Inszenierung eine lustige Gesinnung, welche auch durch die Besetzung Ruprechts durch einen unsicheren Charakter unterstützt wird. Weder Veit noch die Zeugin Brigitte stechen sonderlich heraus. Sie sind dabei, bringen sich aber in die Handlung nicht weiter ein. Obwohl die Zeugen natürlich alles aufklären, theoretisch also eine zentrale Rolle haben sollten.

Zu guter Letzt sei hier auch Marthe erwähnt, welche weder besonders auffällt, noch komplett im Bild verschwindet. Sie macht ihre Sache insgesamt gut.

Die Inszenierung wurde durch die sich bewegenden Kameras, durch den Schreiber Licht und durch die Metallkästen positiv beeinflusst und aufgelockert. Die allzu kindliche Darstellung von Eve und die Ausartung der Benutzung von technischen Geräten überschatten das Positive jedoch teilweise.

von Katharina Küllmer

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