
Der junge Schiller- eine Rollenbiographie
„Kein Tag ohne eine Zeile“, das ist mein Arbeitsmotto. Aber wie soll man sich daran halten, wenn man im Kerker sitzt und einem verboten wurde, auch nur ein Wort zu schreiben? Wenn einem Papier und Stift genommen wurden? Damit will der Herzog mir eine Lehre erteilen und mich einschüchtern. Aber nein, das wird ihm nicht gelingen! Ich werde nicht aufgeben! Ganz im Gegenteil! In den zwei Tagen, die ich nun schon im Kerker bin, weckt es immer mehr den Rebellen in mir! Kein Tag vergeht, an dem ich mir keine Gedanken über die Flucht aus der militärischen Pflanzschule mache! Man kann mich meiner Leidenschaft nicht berauben!
Wer ich bin? Mein Name ist Johann Christoph Friedrich Schiller und ich bin einer der ersten, der das Dichten zum Hauptberuf machen will. Und es wird mir gelingen, denn man kennt mich schon jetzt überall in Deutschland! Woher? Von meinem Drama „Die Räuber“.
Geboren bin ich am 10. November 1759 in Marbach am Neckar. Mein Vater, Johann Caspar Schiller, lebte in seinen frühen Jahren auch in der Militärakademie, weshalb meine Erziehung durch militärische Strenge geprägt war. Meine Mutter, Elisabetha Dorothea Kodweiß, liebte ich jedoch umso mehr, da sie die Strenge unseres Vaters immer auszugleichen versuchte. Da meine Eltern mir eine gute Ausbildung ermöglichen wollten, schickten sie mich im Alter von 14 Jahren auf die Militärschule von Herzog Karl Eugen in Stuttgart, auf der auch schon mein Vater gelebt hatte. Damit mussten meine Eltern fast all ihre Rechte als meine Erziehungsberechtigten an den Herzog abtreten. Dieser verlangte, dass meine Kameraden und ich ihn Vater nennen. Doch was glaubt er, wer er ist? Einen fremden Mann Vater nennen? Unmöglich, vor allem da ich wegen ihm mit meiner Familie nur begrenzt Kontakt haben darf! Doch wer seinen Befehlen nicht folgt und seinen Wünschen nicht entspricht, wird bestraft.
Der einzige Trost sind meine Freunde, die ich dort gefunden habe, und auch mit ein paar Lehrern konnte ich Freundschaft schließen. Einer von ihnen hat mich mit den faszinierenden Werken William Shakespeares vertraut gemacht. Das war, wie ich es nenne, die „erste Explosion des Schiller-Genies“. Doch erst durch die Werke von Christian Friedrich Daniel Schubart wurde ich dazu inspiriert, mein erstes Drama zu schreiben. Dieses ist dadurch entstanden, dass ich aufgeschrieben habe, was mich bewegt. Und ob man’s glaubt oder nicht, dies musste heimlich passieren, damit der Herzog keinen Wind davon bekommt. Aber was soll das, frage ich mich im Nachhinein. Darf man nicht seine Leidenschaft leben? Darf man nicht einfach das tun, was einem gefällt, ja was man sogar am besten kann? An der militärischen Pflanzschule anscheinend nicht. Einer der Hauptgründe, warum ich das Leben dort hasse und warum ich flüchten will!
Doch die Gelegenheit zur Flucht bot sich zunächst nicht und ich verbrachte meine Zeit damit, heimlich weiter an meinem Drama „Die Räuber“ zu schreiben, wofür mir meine Freunde die nötige Kraft und Inspiration gaben. Als ich mein Drama fertig geschrieben hatte, ließ ich es anonym drucken. Am 13. Januar 1782 war es dann endlich so weit: Mein Stück wurde uraufgeführt. Da ich den Herzog jedoch nicht um Erlaubnis bitten konnte dort hinzugehen, da sonst mein heimliches Schreiben aufgefallen wäre, fuhren mein Freund Andreas Streicher und ich unbemerkt nach Mannheim. Dort wurde mein Stück gefeiert. Die Menge tobte, schrie, lachte und weinte zugleich. Es war eine Sensation! Von einem der Zuschauer hörte ich, wie er zu einem anderen sagte, dass es ein Stück sei, wie die Deutschen es noch nie gesehen hätten. Ich war stolz, den Tränen nahe und einfach nur glücklich! Mein erstes Stück und das gleich so erfolgreich! Es war ein wunderbares Erlebnis! Dieser Erfolg führte zu langen Nächten in Mannheim, bei denen immer schöne Frauen anwesend waren und es viel Wein und Tabak gab. Das hätte ich mir davor nie erträumen, geschweige denn leisten können, aber durch „Die Räuber“ wurde ich über Nacht zum gefeierten Star! Ich ließ mich gehen. Zurecht, wie ich finde! Nach langer, anstrengender Arbeit für das Stück und außerdem unter den grausamen Umständen, der Militärschule angehören zu müssen, war es mein gutes Recht, dafür belohnt zu werden.
Da mein Fehlen anscheinend unbemerkt blieb, war das umso berauschender, und ich kehrte noch einmal nach Mannheim zurück. Mein Pech! Dieser Ausreißer blieb nicht unbemerkt, woraufhin der Herzog mich für 14 Tage in den Kerker sperren ließ. Und nun stecke ich schon seit zwei Tagen hier. Der Herzog scheint zu glauben, mir so das Dichten abgewöhnen zu können. Aber er irrt sich gewaltig! Ich kann zwar in diesen 14 Tagen kein einziges Wort schreiben, aber dafür bleibt mir viel Zeit: Zeit, in der ich eine Flucht aus der militärischen Pflanzschule planen, mir Geschichten ausdenken und mir eine Zukunft als Dichter erträumen kann. Denn nach meiner Flucht werde ich all die Zeit, die ich hier im Kerker ohne Schreiben verbracht habe, nachholen! Ich werde einer der größten und bekanntesten Dichter Deutschlands sein! Und, was fast noch wichtiger ist, ich werde endlich frei sein, denn:
…Die schönsten Träume von Freiheit werden im Kerker geträumt.
(Chiara Freese, Klasse 8b, Schuljahr 2013/2014, im Rahmen einer Unterrichtseinheit zum Drama ‚Wilhelm Tell‘ von Friedrich Schiller)