
#keingradweiter – Klimastreik in Coronazeiten
Ein Bericht von Nick Schröder
Es ist 6 Uhr morgens an einem Freitag, und wir treffen uns an einer der meistbefahrenen Straßen Hamburgs vor dem Michel. Heute ist der Tag auf den wir mehrere Wochen hingearbeitet haben, heute ist der sechste globale Klimastreik. Ohne zu wissen ob die Demo überhaupt stattfinden kann bauen wir auf. Wir, das sind das Orgateam von FridaysforFuture und knapp 50 freiwillige Helfer*innen.
Obwohl wir umfangreiche Konzepte zum Schutz vor Corona geschrieben haben – welche von der Stadt Hamburg sogar als offizielle Hygienekonzepte für Großveranstaltungen akzeptiert wurden – haben wir die Demonstration nicht so genehmigt bekommen wie wir wollten, daher mussten wir vor Gericht ziehen und haben erst morgens um 9:00 Uhr am Tag der Demo eine Genehmigung bekommen. Im Nachhinein können wir sagen, dass wir sehr zufrieden waren mit der Demo, denn es kamen knapp 16.000 Menschen die für besseren Klimaschutz demonstriert haben. Wir haben allen gezeigt, dass man auch in Zeiten von Corona groß und vor allem sicher demonstrieren kann.
Aber wie bin ich überhaupt Teil von FridaysforFuture geworden? Vor ungefähr 1,5 Jahren, da war ich in der achten Klasse, mussten wir in Deutsch eine Reportage über ein beliebiges Thema schreiben. Ich hatte noch kein Thema und überlegte vor mich hin, über was ich denn schreiben könnte, als ich eine Nachricht von meinem Bruder bekam: „Na gehst du morgen zur Klimademo?“Bis dahin hatte ich von den Schulstreiks nur in den Nachrichten mitbekommen und wusste gar nicht, dass es in Hamburg eine Großdemo geben sollte, bei der sogar Greta Thunberg anwesend sein würde. Ich entschied mich also, über dieses Thema meine Reportage zu schreiben und ging am 01.03.2019 auf meine erste Klimademo.
Seit diesem Tag war ich auf allen Großdemos (insgesamt schon auf 17 Demos!) und fand immer mehr Gefallen an der Thematik und der Atmosphäre. Nach der Großdemo am 29.11.19 bin ich dem Orgateam beigetreten, um selber mitzuwirken und zu helfen. Ich war immer öfter bei den Treffen und habe auch direkt angefangen die Demos mit zu organisieren. Ich konnte mich sehr gut einfinden und war von Anfang an toll integriert. Dann kam Anfang dieses Jahres Corona. Wir mussten unsere Demos absagen, weil wir nicht mehr auf der Straße demonstrieren konnten. Aber anstatt aufzuhören, haben wir ab dann im Internet gestreikt. Am 24.04. haben wir zum ersten Mal wieder offline gestreikt, wir standen zu fünft (mehr als 5 Personen waren nicht zugelassen) auf dem Rathausmarkt und haben Hunderte von Demoschildern der Nichtanwesenden ausgebreitet, der halbe Rathausmarkt lag voll. Gleichzeitig gab es aber im Internet auch einen Livestream mit über 150.000 Views. Das Thema Umweltschutz hat also viele Menschen auch während dieser Pandemie beschäftigt und zum Handeln angetrieben.
Ende Juni haben wir auch wieder angefangen öffentlich und auf der Straße zu demonstrieren. Am Anfang nur mit einer Begrenzung auf 50 Teilnehmer*innen. Aber da die Fallzahlen sanken, konnten wir auch immer mehr Teilnehmer*innen anmelden. Bis es dann zum Höhepunkt am 25.09. kam. Mit knapp 16.000 Teilnehmer*innen war es die größte unserer Demos unter diesen Umständen! Bei der Demo war ich für Logistik und Sicherheit zuständig, was genauer bedeutet, dass ich mich darum gekümmert habe, dass wir Strom für die Lautsprecher, Sprühkreide für Markierungen auf der Straße, und über 250 Ordner*innen für die allgemeine Sicherheit hatten.
Aber was sind denn überhaupt unsere Forderungen an die Politik? Warum gehen wir seit Monaten weiterhin auf die Straße?
Wir haben vor etwas mehr als einem Jahr einen Forderungskatalog an den Hamburger Senat geschrieben. Diese Forderungen sind nicht irgendetwas willkürliches was wir erreichen wollen, sondern die wurden zusammen mit Wissenschaftler*innen ausgearbeitet um das Pariser Klimaabkommen, welches Hamburg unterschrieben hat, einzuhalten. Den gesamten Forderungskatalog kann man unter fffutu.re/Forderungen_HH finden. Das wichtigste zusammengefasst ist: Klimaneutralität bis 2035, Kohleausstieg bis 2025, eine autofreie Innenstadt und der Ausbau des ÖPNVs.
Wir möchten mitbestimmen, wie die Welt in 10 oder etwa in 50 Jahren aussieht. Wir möchten mitgestalten, wie die Zukunft aussieht, in der unsere und nachfolgende Generationen aufwachsen werden. Uns ist nicht egal, was mit der Erde und ihren Lebewesen passiert, und wir werden unsere Zukunft nicht aufs Spiel setzen, damit es kurzfristig reichen Menschen finanziell noch besser geht.
Wer sich mehr engagieren möchte und Zeit hat kann gerne jederzeit ins Klimacamp Hamburg kommen. Dieses steht mitten in der City am Speersort (an der Mönckebergstraße hinter der St. Petrikirche) und ist eine Dauermahnwache seit dem 13.08.2020. Genau an diesem Tag ein Jahr zuvor haben wir die Forderungen an den Senat gestellt. Da in einem Jahr nichts passiert ist üben wir jetzt im Klimacamp noch mehr Druck auf die Politik aus und zeigen, dass wir es wirklich ernst meinen.
Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt mitzuhelfen könnt ihr mir gerne eine Mail schreiben an nick.schroeder@gymepp.de. Wenn ihr einfach nur informiert bleiben wollt und mit auf die Demos kommen mögt könnt ihr hier sehen auf welchen Wegen das geht: https://linktr.ee/fridaysforfuture_hh