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2. Oktober 2019

„If rain makes Britain great, then Manchester is greater.”

Diese Zeile entstammt dem Lied „Manchester“ von „The Beautiful South“ und auch, wenn sie etwas überspitzt scheint, so trifft es diese Aussage doch ganz gut.

Letzte Woche fanden wie in jedem Herbst die Profilfahrten der zwölften Klassen statt und als Schülerin des bilingualen Geschichtsprofils ging es dabei für mich nach Manchester. Kaum jemand von uns war vorher schon einmal in dieser Stadt gewesen und so wussten wir nicht ganz, was uns erwarten würde. Einzig das Wetter schien vorhersehbar: Regen. Jeden Tag. Während andere Profile in die Sonne fuhren, ging es für uns also ins kalte, verregnete Manchester. Die Begeisterung über das Wetter hielt sich wenig überraschend in Grenzen. Dennoch waren wir positiv gestimmt und freuten uns auf fünf Tage voller Neuentdeckungen und Abenteuer.

Am Montag trafen wir uns morgens am Flughafen, und bald saßen wir auch schon im Flugzeug. Von da an dauerte es nicht mehr lange, bis wir englischen Boden unter den Füßen hatten und unsere Uhren um eine Stunde zurückstellen konnten.

Im Regen marschierten wir zu unserer Unterkunft und bestaunten auf dem Weg schon die schöne Umgebung. Da viele Gebäude Manchesters während der Industriellen Revolution gebaut wurden, ist die Stadt von roten Backsteinhäusern geprägt, die einen tollen industriellen Charme versprühen. Unsere Unterkunft war im Castlefield-Viertel, einem Stadtteil mit vielen kleinen Kanälen und Grünflächen und somit einer weniger hektischen Gegend. Wir bezogen unsere Zimmer und freuten uns über die Kanäle vor den Fenstern. Doch viel Zeit zum Ausruhen gab es nicht. Wir waren schließlich nur fünf Tage in Manchester und diese Zeit galt, genutzt zu werden. Also begannen wir bald mit einer kurzen Stadtführung, die ein paar Schülerinnen aus dem Profil vorbereitet hatten. Damit wir auf der Profilfahrt auch etwas lernen würden, hatten wir nämlich vorher Themen im Profil aufgeteilt, über die die Schülerinnen und Schüler kurze Vorträge halten sollten. Nach der Stadtführung hatten wir bis zum Abendessen erst einmal Freizeit. Ein Großteil der Gruppe besuchte verschiedene Vintage-Läden im hippen Northern Quarter, während sich andere noch etwas in ihren Zimmern ausruhten. Nach dem Abendessen hatten wir wieder Freizeit; „Sperrstunde“ war erst um 23:30 Uhr, sodass einige von uns nochmal loszogen und die Stadt weiter erkundeten.

Der darauffolgende Tag begann mit einem Frühstück in der Jugendherberge. „Wenn ich schon mal in England bin“, dachte ich mir, „muss ich auch ein englisches Frühstück probieren.“ Ich bediente mich also reichlich an Bacon, Baked Beans und „Hashbrowns“. An die Frühstücks-Würstchen habe ich mich allerdings nicht herangetraut, das war mir dann doch etwas zu viel des Guten.

Abgesehen von einem Museumsbesuch hatten wir an diesem Tag kein Programm. Solange wir um 23:30 Uhr wieder heil in der Jugendherberge ankamen, war alles in Ordnung. Für mich war es eine ganz neue Erfahrung, so viel Vertrauen von den Lehrkräften entgegengebracht zu bekommen. Bei vorherigen Klassenfahrten hatte es selten Freizeit gegeben und ein gemeinsames Abendessen war damals sowieso immer gesetzt.

Diese neue Freiheit und Freizeit nutzte ich, um die Stadt zu erkunden. Manchester ist fast fünfmal kleiner als Hamburg und deshalb meiner Meinung nach sehr gut geeignet für eine Profilfahrt. Im Stadtzentrum, in dem wir uns hauptsächlich aufhielten, konnte man eigentlich immer von einem Punkt zu einem beliebigen anderen in weniger als 30 Minuten gelangen, und das zu Fuß. Für diejenigen von uns, die kein großes Problem mit dem strömenden Regen hatten, bot sich also die optimale Gelegenheit, den ganzen Tag durch die Stadt zu laufen und immer wieder Neues zu entdecken. Ich besuchte verschiedene Orte, die mir am Vortag schon aufgefallen waren, unter anderem ein schönes Café, einen Buchladen oder ein Secondhand-Geschäft. Als wir abends nach Hause kamen, waren wir zwar komplett durchnässt und erschöpft, aber glücklich und zufrieden – was will man mehr?

Am Mittwoch besuchten wir dann endlich den Grund, aus dem unser Profil überhaupt nach Manchester geflogen war: die Quarry Bank Mill, eine der ersten Textilfabriken der Industriellen Revolution. Im Rahmen des Geschichtsunterrichts hatten wir uns mit der Fabrik befasst und konnten nun hautnah mit der Geschichte der Moderne in Berührung kommen. Während verschiedener kurzer Führungen erhielten wir viele Einblicke in das damalige Leben und die Gesellschaftsverhältnisse. Besonders gut gefiel mir die Führung durch das Auszubildenden-Gebäude, die von einer Frau geleitet wurde, die als Aufseherin verkleidet war und uns mehr oder weniger so behandelte, wie damals Lehrlinge behandelt wurden. Das war gar nicht so komisch, wie es jetzt vielleicht klingt, und ermöglichte es uns, in die Welt von damals einzutauchen. So durften nur die Jungs während des kurzen Vortrages in der ersten Reihe sitzen, und alle Linkshänder wurden beim Ausprobieren der Schreibtafeln dazu getrieben, mit der rechten Hand zu schreiben. Nach diesem Ausflug waren wir uns alle einig, dass niemand von uns gerne in der damaligen Zeit gelebt hätte. Kinderarbeit und zwölf bis 14-Stunden-Tage gehörten damals zum Alltag wie der Regen zu Manchester.

Und schon war es Donnerstag. Unser letzter kompletter Tag hatte begonnen und sollte ausgenutzt werden. Nach zwei kurzen Vorträgen über Karl Marx und Friedrich Engels, die in Manchester gelebt hatten, sowie über die Relevanz von Fußball in dieser Stadt hatten wir den Mittag und Nachmittag wieder zur freien Verfügung. Es regnete immer noch ständig, und so verbrachten viele von uns ihre Zeit in einigen der zahlreichen gemütlichen Cafés der Stadt. Dort war mir bereits am ersten Tag aufgefallen, wie herzlich die Einwohner Manchesters – die Mancunians – sind. Innerhalb weniger Tage war ich mehrmals von Kassierern oder anderen Personen in ein nettes Gespräch verwickelt worden, was für mich das Vorurteil widerlegte, dass alle Mancunians arrogant und unfreundlich seien.

Zum Ausklang der Reise verbrachten wir den Abend mit dem ganzen Profil in einem englischen Pub und danach ging es schon ans Kofferpacken.

Da unser Flug am Freitag erst abends ging, hatten wir noch einige Stunden Zeit, um ein letztes Mal Manchester zu genießen und die Dinge abzuhaken, die wir schon die ganze Zeit hatten machen wollen. Lediglich ein Museum galt es noch zu besuchen und einen Vortrag zu hören, dann hatten wir wieder Freizeit. Gegen Mittag trafen wir uns alle in einem schönen Café, wo wir einen „Afternoon Tea“ bestellt hatten. Entgegen einiger Erwartungen gab es hierbei allerdings nicht nur Tee. Schon bald standen Berge von Scones, Kuchen und Sandwiches auf dem Tisch und wir alle langten kräftig zu. Wir gaben alle unser Bestes, doch am Ende blieb immer noch etwas übrig. Umso besser: so hatten wir noch Wegzehrung für den Flug. Um diesen zu kriegen, mussten wir auch bald schon zurück zur Jugendherberge, um unsere Koffer abzuholen. Dann ging alles ganz schnell und bald saßen wir wieder im Flieger zurück nach Hamburg.

Ich glaube, ich spreche für alle, wenn ich sage, dass die Profilfahrt unsere Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern auch übertroffen hat. Wir hatten eine super Zeit und sind als Gruppe enger zusammengewachsen, wirklich toll!

(Text und Fotos: Carla Engels (S3))

 

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