

Bald ist wieder Ferienzeit – „Schreib doch bitte mal ne Postkarte“
Letztes Schuljahr war die gesamte Schulgemeinschaft aufgerufen, Postkarten zu schreiben. Ganz viele tolle Postkarten sind anlässlich des 100. Geburtstages von Wolfgang Borchert entstanden. Die Karten sind poetisch, cool, bewundernd, fragend, poppig oder pastellig, wünschend oder suchend und Vieles mehr. Schau selbst.
Vielen Dank für eure fabelhaften Karten! Sie sind so klasse!
Habt Spaß bei der Online-Schau. Oder schreib doch selbst eine Karte zum Geburtstag oder aus dem Urlaub.
Warum soll ich denn überhaupt eine Postkarte schreiben?
Vielleicht überzeugen dich die Ausführungen der Autorin Jovana Reisinger, die anlässlich der Kunstausstellung des britischen Künstlerpaars Gilbert&George in der Schirn in Frankfurt über Postkarten schreibt und ganz viele Beispiele zeigt:
Was für ein tolles Objekt, so eine Postkarte!
„Das goldene Zeitalter der Ansichtskarte war einmal, aber sie bleibt doch für immer: Sie dient der einseitigen Korrespondenz, sie ist ein Gruß aus der Ferne. Oder sogar auch ein Kunstwerk.
Seit dem 19. Jahrhundert werden Postkarten, wie wir sie heute kennen, international verschickt. Mal mit mehr, mal mit weniger geschmacklosen Bildern auf der Vorderseite und mit meist so unfassbar harmlosen, da offen-lesbaren, Texten, dass der Erhalt eines solchen Druckerzeugnisses wirklich eine große Freude sein kann. Da steht alles und nichts. Grußworte, Zustandsbeschreibungen, Beobachtungen, Analysen, Geheimschriften, Codes, Floskeln und Daten.
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Mehr als eine unerwartete Überraschung im Briefkasten
Im Gegensatz zur gegenwärtigen Kommunikation, in der es längst in Echtzeit trotz größter räumlicher Trennung möglich ist, miteinander zu sprechen und/oder zu schreiben, bekommt so eine Postkarte einen retro-romantischen Charme. Ist sie doch mittlerweile vielmehr eine unerwartete Überraschung im Briefkasten, als eine obligatorische Urlaubskomponente. Bildersuchen, Instagramtags und Satellitenaufnahmen der Welt nehmen der Postkartenvorderseite auch den Informationsgehalt und die Möglichkeit der einmaligen Abbildung der örtlichen Schönheiten und Begebenheiten vorweg. Alles ist verfügbar, kann angesehen werden, die entlegensten Orte sind dank des world wide web stets ganz nah. Trotzdem: Postkarten gehören in das Souvenir-Repertoire wie Fische ins Meer, Eiscreme in den Mund und Sonnenschutz auf die Haut.
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Klar, manchmal werden sie aufgehoben, landen auf Kühlschränken oder ähnlichen Möbelstücken oder werden als Lesezeichen weiterverwendet, aber irgendwann landen sie wohl doch im Müll und damit auch die Lebenszeichen, Worte und Transferleistungen. Was für ein tolles Objekt, so eine Postkarte! […]
Die Postkarte hat längst ihren Weg in die Kunst gefunden
Gilbert und George haben einige Arbeiten mit Postkarten geschaffen. […] Themen, von denen sie „träumen, lieben und respektieren“.
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My Friend went to London and all I got was this lousy Postcard.
Auszug aus Gilbert & Georges „THE URETHRA POSTCARD PICTURES“
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Sie kommt, wenn sie kommt
Ich persönlich habe eine Vorliebe für wirklich kitschig-hässliche Postkarten, oder ultra gut gestaltete, falls sich jemand fragt. Als ich vor kurzem einige aus dem Ausland an die Freund*innen und Familienmitglieder schickte, schrieben mir beinah alle nach Erhalt eine Textnachricht. Ich fand das irritierend. Eine Postkarte, so meine ich, muss nicht beantwortet werden, oder gar kommentiert. Sie kommt, wenn sie kommt. Ich selbst war, als die Mitteilungen eintrudelten, mittlerweile schon längst nicht mehr im Urlaub, sondern schon wieder im Alltagstaumel – was interessiert mich da mein Strandgeplaudere? Eigentlich viel! Wie schön war es doch, da zu sitzen und das Meer anzugaffen und zu versuchen, all diese Schönheit in vier coolen Sätzen zu formulieren. Hach. Ich wünschte, ich könnte gleich noch mal.“
Jovana Reisinger ist Autorin, Regisseurin und bildende Künstlerin. Dieses Jahr ist ihr zweiter Roman „Spitzenreiterinnen“ im Verbrecher Verlag erschienen.
Quelle und Postkarten zur Ansicht:































