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14. September 2021

Bald ist wieder Ferienzeit – „Schreib doch bitte mal ne Postkarte“

Letztes Schuljahr war die gesamte Schulgemeinschaft aufgerufen, Postkarten zu schreiben. Ganz viele tolle Postkarten sind anlässlich des 100. Geburtstages von Wolfgang Borchert entstanden. Die Karten sind poetisch, cool, bewundernd, fragend, poppig oder pastellig, wünschend oder suchend und Vieles mehr. Schau selbst.

Vielen Dank für eure fabelhaften Karten! Sie sind so klasse!

Habt Spaß bei der Online-Schau. Oder schreib doch selbst eine Karte zum Geburtstag oder aus dem Urlaub.

Warum soll ich denn überhaupt eine Postkarte schreiben?

Vielleicht überzeugen dich die Ausführungen der Autorin Jovana Reisinger, die anlässlich der Kunstausstellung des britischen Künstlerpaars Gilbert&George in der Schirn in Frankfurt über Postkarten schreibt und ganz viele Beispiele zeigt:

Was für ein tolles Objekt, so eine Postkarte!

„Das goldene Zeitalter der Ansichtskarte war einmal, aber sie bleibt doch für immer: Sie dient der einseitigen Korrespondenz, sie ist ein Gruß aus der Ferne. Oder sogar auch ein Kunstwerk.

Seit dem 19. Jahr­hun­dert werden Post­kar­ten, wie wir sie heute kennen, inter­na­tio­nal verschickt. Mal mit mehr, mal mit weni­ger geschmack­lo­sen Bildern auf der Vorder­seite und mit meist so unfass­bar harm­lo­sen, da offen-lesba­ren, Texten, dass der Erhalt eines solchen Druckerzeug­nis­ses wirk­lich eine große Freude sein kann. Da steht alles und nichts. Gruß­worte, Zustands­be­schrei­bun­gen, Beob­ach­tun­gen, Analy­sen, Geheim­schrif­ten, Codes, Flos­keln und Daten.

[…]

Mehr als eine unerwartete Überraschung im Briefkasten

Im Gegen­satz zur gegen­wär­ti­gen Kommu­ni­ka­tion, in der es längst in Echt­zeit trotz größ­ter räum­li­cher Tren­nung möglich ist, mitein­an­der zu spre­chen und/oder zu schrei­ben, bekommt so eine Post­karte einen retro-roman­ti­schen Charme. Ist sie doch mitt­ler­weile viel­mehr eine uner­war­tete Über­ra­schung im Brief­kas­ten, als eine obli­ga­to­ri­sche Urlaubs­kom­po­nente. Bilder­su­chen, Insta­gram­tags und Satel­li­ten­auf­nah­men der Welt nehmen der Post­kar­ten­vor­der­seite auch den Infor­ma­ti­ons­ge­halt und die Möglich­keit der einma­li­gen Abbil­dung der örtli­chen Schön­hei­ten und Bege­ben­hei­ten vorweg. Alles ist verfüg­bar, kann ange­se­hen werden, die entle­gens­ten Orte sind dank des world wide web stets ganz nah. Trotz­dem: Post­kar­ten gehö­ren in das Souve­nir-Reper­toire wie Fische ins Meer, Eiscreme in den Mund und Sonnen­schutz auf die Haut.

[…]

Klar, manch­mal werden sie aufge­ho­ben, landen auf Kühl­schrän­ken oder ähnli­chen Möbel­stü­cken oder werden als Lese­zei­chen weiter­ver­wen­det, aber irgend­wann landen sie wohl doch im Müll und damit auch die Lebens­zei­chen, Worte und Trans­fer­leis­tun­gen. Was für ein tolles Objekt, so eine Post­karte! […]

Die Postkarte hat längst ihren Weg in die Kunst gefunden

Gilbert und George haben einige Arbei­ten mit Post­kar­ten geschaf­fen. […] Themen, von denen sie „träu­men, lieben und respek­tie­ren“. 

[…]

My Friend went to London and all I got was this lousy Post­card.

Auszug aus Gilbert & Georges „THE URETHRA POST­CARD PICTU­RES“

[…]

Sie kommt, wenn sie kommt

Ich persön­lich habe eine Vorliebe für wirk­lich kitschig-häss­li­che Post­kar­ten, oder ultra gut gestal­tete, falls sich jemand fragt. Als ich vor kurzem einige aus dem Ausland an die Freund*innen und Fami­li­en­mit­glie­der schickte, schrie­ben mir beinah alle nach Erhalt eine Text­nach­richt. Ich fand das irri­tie­rend. Eine Post­karte, so meine ich, muss nicht beant­wor­tet werden, oder gar kommen­tiert. Sie kommt, wenn sie kommt. Ich selbst war, als die Mittei­lun­gen eintru­del­ten, mitt­ler­weile schon längst nicht mehr im Urlaub, sondern schon wieder im Alltags­tau­mel – was inter­es­siert mich da mein Strand­ge­plau­dere? Eigent­lich viel! Wie schön war es doch, da zu sitzen und das Meer anzu­g­af­fen und zu versu­chen, all diese Schön­heit in vier coolen Sätzen zu formu­lie­ren. Hach. Ich wünschte, ich könnte gleich noch mal.“

Jovana Reisin­ger ist Auto­rin, Regis­seu­rin und bildende Künst­le­rin. Dieses Jahr ist ihr zwei­ter Roman „Spit­zen­rei­te­rin­nen“ im Verbre­cher Verlag erschie­nen.

Quelle und Postkarten zur Ansicht:

Was für ein tolles Objekt, so eine Postkarte! – SCHIRN MAG

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