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24. Oktober 2019

„Aufstehen und wieder von vorne anfangen“ – Uwe

Wir sitzen gerade im Bus auf unserer letzten längeren Fahrt nach Windhoek. Mittlerweile sind wir schon fast eine Woche auf Rundreise mit unserem Reiseleiter Uwe. Heute hat er uns erzählt, wie es dazu kam, dass er Reiseleiter wurde und acht Pflegekinder aufnahm.

1956 wurde Uwe in eine deutsche Farmersfamilie in Tsumep, im Norden Namibias, hineingeboren. Er hat bis zu seinem 16. Lebensjahr mit seinen Eltern und seinen vier Brüdern auf der Farm gelebt. Dort hatten sie zunächst eine schöne Kindheit, wie man sie sich vorstellt. Sie konnten auf ihrer 10.000 Hektar großen Farm mit dem Traktor herumfahren, die Tiere beobachten, mit den Nachbarskindern spielen und ihre Leben genießen. Alle waren glücklich und zufrieden mit dem Leben, wie sie es führten.

Doch 1964 kamen die Swapo (south west african peoples´ organisation), auch genannt Buschleute, und erklärten den Krieg.  Dies taten sie, um die Farmer zu vertreiben und somit deren Land zu gewinnen. Von dort an hat sich das Leben für Uwe und seine Familie drastisch verändert. Um sich vor den Leuten zu schützen, machte Uwes Vater ihr Haus sicherer. Er baute extra Notausgänge ein, damit sie schneller flüchten konnten, sowie eine Löschvorrichtung im Falle eines Brandes. Zudem hatten sie an jedem Eingang mehrere Rottweiler, die als Wachhunde dienten. Dadurch entstand schon sehr früh seine Vorliebe zu diesen Tieren. Als sie dachten, dass sie sicher wären, fingen die Swapos an Handgranaten auf die Häuser der Farmer zu werfen und Mienen in den Wegen zu den Häusern zu deponieren. Die noch anwesenden Farmer schlossen sich zusammen zu einer Bürgerwehr. Sie richteten ein Funksystem ein, um im Notfall füreinander da zu sein.

1968 fanden Uwe und sein Vater ihre Nachbarsfamilie tot auf. Von dort an beschloss der Vater, dass das Leben als Farmer zu gefährlich sei. Sie zogen 1969 nach Tsumep und arbeiteten nur noch am Wochenende auf der Farm. Drei Jahre später verkauften sie die Farm endgültig und zogen nach Windhoek. Dort gründete der Vater eine Baufirma, in welche Uwe 1979 mit eingestieg. Die Aufträge der Firma zwangen ihn, zwischen Windhoek und dem Caprivi Zipfel zu pendeln.

Larrigan – 1983 nahm Uwe seinen ersten Sohn Larrigan auf. Er sah eines Tages einen sechsjährigen Jungen auf der Straße weinen und wollte ihm helfen. Es stellte sich heraus, dass ihn seine Mutter bei seiner Großmutter abgesetzt hatte, als er noch ein kleines Kind war. Da nun seine Oma drei Tage zuvor gestorben war und er keine anderen Familienangehörigen hatte, beschloss Uwe, ihn erstmal mit zu sich zu nehmen. Er gab ihm Essen und kaufte ihm vernünftige Kleidung. Danach gingen Uwe und er  in das Township, wo Larrigan mit seiner Großmutter gelebt hatte. Die Großmutter lag seit drei Tagen tot auf dem Boden der Wellblechhütte. Uwe rief die Polizei und das Amt an. Er kümmerte sich darum, dass er Larrigan aufnehmen konnte. Seitdem ist Uwe sein  „Vater“. Nun ist sein Sohn schon 36 Jahre alt und  arbeitet als Reiseleiter bei SAW Safari. Da Larrigan nicht der einzige ist, der eine schlimme Kindheit erlitten hat, entschloss sich Uwe, weitere Jugendliche aufzunehmen und ihnen eine bessere Zukunft zu geben. Seinen zweiten Sohn bekam Uwe 1989, da die Eltern des Jungen drogenabhängig waren.

1992 verkaufte sein Vater die Baufirma und zog sich aus dem Geschäft zurück. Uwe wurde LKW-Fahrer und hat Zement von Otjiwarongo nach Ovamboland transportiert. Eines Tages rief ihn ein alter Schulfreund an und bat ihn darum, für einen Reiseführer einzuspringen, da er sonst niemanden gehabt hätte. Von dort an wurde sein Interesse für die Reiseplanung und -führung immer größer. Er wurde bei einer Reiseorganisation angestellt.

Im Jahr 2000 ist Uwe wieder zurück in seinen Geburtsort gezogen und hat seitdem weitere 6 (!) Jungen aufgenommen, um die er sich liebevoll kümmert und versucht ihnen eine gute Zukunft zu bieten. Die fünf älteren Jungs sind mittlerweile ausgezogen und haben sich ihr eigenes Leben aufgebaut. Um die anderen drei kümmert er sich, da diese noch zur Schule gehen. „Mein jüngster Sohn ist jetzt 16 Jahre alt. Wenn er mit der Schule fertig ist und selbstständig klar kommt, möchte ich selber auf Reisen gehen und die Welt erkunden.“  Sein größter Traum ist es, einmal nach Deutschland zu fliegen und sein Herkunftsland zu erkunden.

Nun arbeitet Uwe bereits seit 19 Jahren bei der Reiseagentur ATC und ist sehr zufrieden mit seinem Beruf. Obwohl er ständig unterwegs ist und nicht viel Zeit zu Hause mit seiner Familie verbringt, hat er trotzdem sehr viel und guten Kontakt zu seinen Brüdern und Söhnen.  

Seine Botschaft an uns: Aufstehen und wieder von vorne anfangen! Wenn ein Job, eine Lebensphase oder eine Beziehung endet, dürfe man nicht im Stillstand verharren und sich selbst bemitleiden. Es gebe immer irgendwo und irgendwie eine Gelegenheit zum Neustart!

Antonia und Rosalie

 

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