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„Kafka ist komisch!“ – „Der Prozess“ von Franz Kafka performt von Philipp Hochmair am GyEpp

„Kafka ist komisch!“ – „Der Prozess“ von Franz Kafka performt von Philipp Hochmair am Gymnasium Eppendorf

Philipp Hochmair ließ Franz Kafkas „Prozess“ am Dienstag, 25.6.2014 um 10 Uhr in unserer Aula beginnen. Alle 10. Klassen und die Deutschkurse des 11. Jahrgangs hatten sich versammelt, um Philipp Hochmair mit einem weiteren Kafka-Stück bei uns im Hause zu sehen.

Josef K., der Prokurist bei einer Bank, wird aus unerfindlichen Gründen an seinem dreißigsten Geburtstag von zwei Wächtern am Morgen in seinem Bett verhaftet. Er ist sich keiner Schuld bewusst und erfährt auch nicht, weshalb und von wem er angeklagt wird. Helfer und Verbündete gibt es nicht. Die Frauenwelt bietet nur erotische kurzfristige Ausflüchte. Das Gericht erscheint kaum greifbar und Bedienstete walten in engsten Dachkammern ihres Amtes. K. gerät immer weiter in ein albtraumartiges Labyrinth einer bürokratischen Macht. Am Abend vor K.’s einunddreißigstem Geburtstag erscheinen zwei Männer, um ihn wortlos abzuführen. K. stellt unterwegs fest, dass kein Gericht ein Urteil über ihn gefällt hat, wehrt sich jedoch auch nicht und lässt alles mit sich geschehen. Er wird zu einem Steinbruch gebracht und mithilfe eines Fleischermessers hingerichtet.

„Der Prozess“ ist harte Kost für Jugendliche, da Kafka eine groteske und scheinbar irreale bürokratische Welt entwirft, in der Grundrechte verletzt werden, was jedoch tatenlos hingenommen wird. Wir Leser oder Zuschauer sind konfrontiert mit Rätseln, ohne dass Auflösungen erfolgen. Lassen sich die Verhältnisse nur auf die Zustände in totalitär regierten Staaten beziehen? Gibt es nicht solche absurden Verhältnisse auch bei uns im Alltag? Orientierungslosigkeit, Selbstentfremdung, Vernichtungsängste, Untergangsängste in einer anonymen Welt und die aktenkundige Erfassung von uns allen. Wer da nicht auch an die NSA, WhatsApp und Co. denkt…

Hochmairs Version entführt uns in die Welt der 60er Jahre zwischen spießbürgerlichem Kaffeklatsch und röhrendem springendem Hirschen. Was für eine klaustrophobische und absurde Welt, die uns an einigen Stellen laut auflachen lässt. Der Widerspruch zwischen der mit Mühe aufrecht erhaltenen rationalen Fassade und der tatsächlichen Verfassung des Angeklagten führt immer wieder zu Szenen, die zwischen Grauen und Komik oszillieren.

In einem anschließenden Künstlergespräch für Interessierte erläuterte Hochmair sehr publikumsnah die Entwicklung vom Roman hin zu dieser Spielfassung von der Textbearbeitung, szenischen Lesung, hin zum Einmannstück. Er gab charmant Einblicke in die eigenen Bezüge zum Text, dem dominanten Vater, den Dias der Verwandten und der Nähe zu Kafkas Welt angesichts der Zwänge an einem staatlichen Theater und der fehlenden Freiheit für künstlerische Projekte. Gemeinsam diskutierten wir, was an Schauer und Komik bei Kafkastücken zu finden ist. Die Veranstaltung endete mit Hochmairs Parole: „Kafka ist komisch.“   Danke, Philipp Hochmair!

Janina Arlt

Technik: Hanns Clasen,

Assistenz: André Buse, Sam Knüppel

Fotos: Helena Kasten-Hoersch

Film & Interview: Ulli Langerbeins

Gesamtorganisation: Janina Arlt

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